Die Geschichte meines Jakobsweges:
Camino Francés: (Pamplona – Santiago de Compostela): Mai 2008 --- geschrieben Oktober 2010

Via de la Plata (Sevilla – Salamanca): April/Mai 2010 --- geschrieben Dezember 2010

Via de la Plata (Salamanca – Santiago – Muxia): April/Mai 2011 --- geschrieben Mai/Juni 2011

Camino del Norte: (Hondarribia – Gurriezo): Juni 2012 --- geschrieben Juli 2012

Camino Primitivo (Oviedo - Santiago de Compostela): Mai 2014 --- geschrieben Mai bis September 2014

Camino Ingles 2017 Camino Portugues 2022

März 2014



6. März 2014


Wenn ich es mir recht überlege, dann sind es nur noch knapp 2 Monate bis zu meinem Start und weiterhin habe ich mich bislang um nichts gekümmert.

Wie es immer so will, die Sache mit dem Fliegen ist immer wieder kompliziert. Ich habe dabei ja schon so manches erlebt. Da war

1. der Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjällajökull der den gesamten Flugverkehr zum Erliegen brachte und damit auch die Stornierung meines Fluges nach Sevilla,

2. mein „verlorenes Gepäck“, dass erst 24 Stunden nach mir am Ziel ankam,

3. der verspätete Rückflug und damit das verpassen meines Anschlussfluges,

4. nachdem wir alle schon seit Ewigkeiten im Flieger auf dem Startfeld standen wurde uns mitgeteilt, dass wir flugunfähig sein -> also eine Extraübernachtung auf Mallorca,

5. in Neapel standen wir drei Stunden auf dem Flugfeld, weil angeblich 2 Personen, laut Flugliste, zuviel im Flieger säßen. Auch nach zwei Stunden hat die Fluggesellschaft den Fehler nicht gefunden und alle durften mitfliegen ( ich hätte alle Passagiere aussteigen lassen und auf einer aktuellen Passagierliste die Namen beim Einsteigen abgehakt).

Und wie es so will habe ich jetzt ein Informationsschreiben von Germanwings erhalten, dass sich meine Flugzeiten fast 3 Stunden nach hinten verschoben haben. Gut, dass ich keinen Gabelflug gebucht habe, da wären die nächsten Schwierigkeiten schon vorprogrammiert gewesen. Gut auch, dass ich noch kein Busticket von Bilbao Richtung Oviedo gebucht habe.

Da ich jetzt erst gegen Mittag in Bilbao bin, könnte ich mir die Frage stellen, ob ich am gleichen Tag noch die ca. 3 – 5stündige Busfahrt antrete oder erst am Folgetag.



Bilbao ist eine schöne und interessante Stadt die ich von meinem Küstenweg 2012 etwas kenne. Ich könnte z.B. nach der Ankunft in Bilbao die Stadt genießen, in der fußläufig zum Busbahnhof gelegenen Jugendherberge oder Pilgerherberge übernachten und in der Früh nach Oviedo fahren und mich direkt auf den Weg machen, da ich die erste Etappe kurz geplant habe und diese auch bei spätem Start gegen Mittag möglich wäre. Oder ich mache es so, wie es im Pilgerführer unter anderem erwähnt wird und mir nach meiner abendlichen Ankunft Oviedo am Morgen anschauen und dann starten. Bis Escampleros sind es, inklusive Umweg über zwei alte Unesco-Weltkulturkirchen, keine 13 Kilometer, dass dürfte auch nach einem etwas späteren Start möglich sein.

Manchmal kommen mir noch so etliche alternative Gedanken in den Kopf wie z.B. den 2012 abgebrochenen Küstenweg fortzusetzen, direkt ein Teilstück des Camino Francés in Angriff zu nehmen oder….. Nein, den Küstenweg wollte ich eigentlich bisher nie fortsetzen, da ich mich auf diesem Weg nicht wohl gefühlt  habe, es war nicht „mein“ Weg. Vielleicht war es der falsche Zeitpunkt, vielleicht lag es an den Ferien der Spanier, vielleicht an meinen Mitpilgern oder an mir, aber das gewohnte Freiheitsgefühl, das Pilgergefühl kam nie in mir hoch. Und dennoch, Bilbao war toll, das Guggenheimmuseum, die Plazas, das nahe gelegene Portugalete und der hinter Portugalete gelegene Ort mit seiner Pilgerherberge direkt am Atlantik mit dem schönen, heißen Badetag am Meer waren ein Erlebnis.


So, für heute soll es mal wieder reichen.

Nein, gerade habe ich mal noch schnell in meine alte Rucksackpackliste geschaut und überschlagen: eigentlich ist meine Ausrüstung komplett. Zwei Paar neue Wandersocken, ein Notizbuch, das aktuelle Herbergsverzeichnis vom Primitivo wie auch eine neue Credencial fehlen, aber das sind alles Dinge die ganz schnell organisiert sind.

10. März 2014
Auch wenn ich heute nichts schreibe, einfach nur einige Fotos: der Frühling kommt mit Macht!











15.3.2014
Jetzt hatten wir 2 Wochen lang wunderbares, sonniges Frühlingswetter und für heute hatte ich mir mal wieder eine Wanderung durch den Wald vorgenommen und nun ist draußen alles grau in grau, in der Nacht und am frühen Morgen hat es geregnet. Ich ringe die ganze Zeit mit mir, ob ich mich dennoch auf den Weg machen soll, oder ob ich es bleiben lassen soll - ich könnte ja nass werden! :-)
Als ob man auf so etwas wie das Wetter beim Pilgern Rücksicht nehmen würde, aber hier im Alltag ist es so. Es ist noch nicht einmal 9 Uhr am frühen Morgen und ich werde wohl noch etwas abwarten und in mich gehen. Vielleicht wäre es eine Alternative den Bus nach Gelmer zu nehmen, dem Jakobsweg zu folgen um dann nach 10km vor der eigenen Haustür heraus zu kommen. Ich werde mal in den Busfahrplan schauen, das Wetter beobachten und dann zu einer Entscheidung kommen.
Morgens fühle ich mich aufgrund der stark ausgeprägten, zur MS gehörigen Fatigue, einfach fitter - wobei ich auch jetzt noch eine Runde schlafen könnte, aber Kater Tommi ist ein Frühaufsteher und mit Einsetzen der Morgendämmerung hat er kein Verständnis dafür, dass ich noch nicht spielen möchte. Dass heute Samstag ist, und er am Wochenende auch mal länger schlafen dürfte und der Wecker nicht schellt, scheint er nicht zu verstehen. Katze Ylvie hingegen ist eine Meisterin der Mediation und Entspannung und ausgeprägte Lang- und Vielschläferin. 



Solange ich im Bett liege, liegt sie auch dort - es sei denn, Tommi läßt ihr gar keine Ruhe. Das nächste Problem: solange ich im Bett liege, kämen sie nicht auf die Idee in einem anderen Zimmer zu spielen - sie sind so anhänglich und treu. 


Aber auch wenn sie mich an den Wochenenden nicht ausschlafen lassen - ich bin so froh, dass ich die beiden kleinen Quatschköpfe habe. Sie bringen soviel Freude in mein Leben, ich kann ihnen nicht böse sein, auch wenn sie manchmal noch so viel Unfug im Kopf haben. Ich freue mich schon auf das Wiederkommen nach dem Jakobsweg, denn es fällt mir schon schwer, die kleinen Süßen für fast drei Wochen abzugeben. Egal wie es auf dem Weg läuft, ich werde zu Hause erwartet!




23. März 2014

Gestern war ein wunderschöner Tag, den ich optimal genutzt habe.



In den letzten drei Wochen habe ich es zeitlich und situativ nicht geschafft mich auf meinen Camino vorzubereiten. Natürlich sind Spaziergänge und kleinere Wanderungen mit ca. 10km nicht vergleichbar mit dem Alltag einer Fernwanderung, wirkliche Berge gibt es hier auch nicht, aber es gibt einem das Gefühl nicht ganz unvorbereitet zu sein.

Nachdem es nun über längere Zeit einen traumhaften Vorfrühling, der eigentlich schon Frühling war, gegeben hat, ist es nun wieder kühler und der Himmel bedeckt mit Wolken und immer wieder einsetzenden Regenschauern, zum Teil über längere Zeit. 




Auch für dieses Wochenende wurde Bewölkung, mit wenig Sonne und Regenfällen angekündigt.

Nachdem ich gestern Morgen früh wach war ging mein erster Blick hinaus zum Fenster.

Die Straße vor der Haustür nass und voller Pfützen, der Himmel grau, aber es regnete nicht.

So beschloss ich direkt nach dem Frühstück in den Wald aufzubrechen, in der Hoffnung zwei regenfreie Stunden zu haben. 



Und meine Hoffnung wurde erfüllt. Frühmorgens um kurz nach neun Uhr war ich in meinem Haus- und Hofwald, ganz alleine in der wunderschönen Natur. Dieses Mal habe ich den Weg so gewählt, dass ich eine Anstieg über vier Kilometer den „Berg“ hinauf  lief. Zu Beginn des Weges geht es stärker aufwärts, dann nur noch leicht, so dass man es kaum merkt. 



Während ich lief klarte es immer mehr auf und irgendwann lief ich unter einem strahlend blauen Himmel durch den Wald. Zu dieser frühen Zeit habe ich nur zwei Hundespaziergänger und drei Jogger getroffen, sonst niemanden. Am Nachmittag, besonders am Sonntag, kann man auf dieser Strecke glauben, dass man auf dem Camino ist. Spaziergänger an Spaziergänger so weit das Auge blicken kann. Stimmen ertönen überall, Wanderstöcke klacken, Gelächter erhallt, Kinder die mit ihren Eltern den Sonntagsspaziergang machen. Von all dem war nichts zu spüren, nur der Wind rauschte durch das Geäst und die Vögel sangen ihre Lieder.





Der Frühling entfaltet sich immer mehr. Es gab immer wieder schöne Fotomotive und ich habe fleißig auf meinen Auslöser gedrückt. Das Fotografieren auf dem Weg ist immer das, was mich sehr fasziniert. Beim langsamen Laufen kann man die Natur so genau wahrnehmen und wenn man genau schaut, sieht man so viele faszinierende kleine Dinge am Wegesrand.




Durch das viele Fotografieren „verliere“ ich auf dem Camino immer etliche Zeit und meine Mitpilger wundern sich immer wo ich bleibe, da ich eigentlich das gleiche Lauftempo habe – aber warum soll ich hetzen? Ich möchte den Weg genießen, die Eindrücke in mich aufsaugen, die Natur bestaunen um ganz lange von den zurückgelegten Kilometern zu profitieren.




Nach wir vor habe ich Zweifel an meinem Vorhaben Camino Primitivo, aber der Versuch zählt. Ich bleibe nicht zu Hause, nur weil es eventuell nicht klappen könnte.

Gestern habe ich mal wieder gemerkt, dass Abstiege auf schmalen, holperigen Wegen für mich nicht so leicht sind (wobei man unseren Hausberg so ganz und gar nicht mit den Bergen in Asturien vergleichen kann), die Kondition ist nach der langen Zeit wo ich unfit und krank war auch nicht die Beste, aber der Versuch zählt.



Eine Pilgerbekannte von mir ist vor ca. drei Wochen zu Fuß von der Haustür Richtung Santiago aufgebrochen, hatte eine große Abschiedsparty, den Pilgersegen in der Kirche und sich ca. ein halbes Jahr Auszeit genommen. Nach gerade 14 Tagen war sie wieder daheim, weil die Gesundheit nicht so mitmachte wie geplant. Aber ist sie deshalb gescheitert? Nein, würde ich sagen. Sie hat ihr Ziel nicht erreicht, aber es war vernünftig auf den Körper zu hören und es zeigt Größe, sich dem zu stellen. Unter Garantie ist es nicht leicht, wenn alle von den großen Plänen wissen, man sich für ein halbes Jahr verabschiedet hat, nach nur zwei Wochen bei seinen Freunden zurückzumelden, aber gescheitert ist sie nicht, sie hat nicht versagt, sie hat sich auf den Weg gemacht. Viele gehen solche Projekte nicht an, weil sie nicht den Mut haben, weil sie Angst vor dem Scheitern haben – aber das ist kein Grund es nicht zu versuchen und so werde auch ich mich meinen Zweifeln und Ängsten um die Durchführbarkeit des Weges stellen und es geht so weit es geht. Und wenn es nicht geht, dann schaue ich nach Alternativen oder ich komme vorzeitig nach Hause. Auch aus solchen Erfahrungen kann man lernen.

Keine zwei Stunden nach meiner Rückkehr aus dem Wald hat es wieder begonnen zu regnen und das fast durchgehend bis zum Abend.