Die Geschichte meines Jakobsweges:
Camino Francés: (Pamplona – Santiago de Compostela): Mai 2008 --- geschrieben Oktober 2010

Via de la Plata (Sevilla – Salamanca): April/Mai 2010 --- geschrieben Dezember 2010

Via de la Plata (Salamanca – Santiago – Muxia): April/Mai 2011 --- geschrieben Mai/Juni 2011

Camino del Norte: (Hondarribia – Gurriezo): Juni 2012 --- geschrieben Juli 2012

Camino Primitivo (Oviedo - Santiago de Compostela): Mai 2014 --- geschrieben Mai bis September 2014

Camino Ingles 2017 Camino Portugues 2022

Tourist mit Pilgerseele

Nun ist es schon wieder 6 Wochen her, dass ich in Santiago und Muxia war.
Es war schön an Orte zu kommen die mit so vielen guten Erinnerungen verbunden sind - und gleichzeitig war es schmerzhaft.
Die Anreise nach Santiago war etwas komplizierter als gedacht.
Eine Stunde vor Abfahrt schellte das Telefon und Klaudia, die mit uns fahren wollte, meldete sich krank. Kurz vorher war sie die Treppe herunter gestürzt. Der Fuß dick und blau, ein Auftreten nicht möglich und so fuhr sie zum Krankenhaus und nicht zum Flughafen.
Betty und ich stiegen in den vor langer Zeit gebuchten Zug. Es war proppevoll, kein Sitzplatz - nichts. Ich setzte mich auf den Boden, da das Ruckeln mit meinem Gleichgewichtsproblem nicht zu koordinieren war. Als der Schaffner durchkommt, erklärt er uns, dass unser Ticket nicht für diesen Zug gültig ist. Typisch Bahn: Man verkauft ein Ticket, bekommt eine Zugverbindung herausgesucht - und dann ist das Ticket ungültig. Ich hätte den fehlenden Betrag draufgezahlt, aber Betty wollte das nicht, weil: wir haben schließlich ein Zugticket.
Also stiegen wir in Dortmund aus um in den nächsten passenden Zug zu steigen. 
War der erste Zug schon voll, so war dieser Zug nun übervoll. Gedränge in allen Wagons, kein Durchkommen. Passagiere die in der Mitte des Abteils saßen konnten nicht an ihren Bahnhöfen aussteigen weil man nicht rauskam und es wurde mit jedem Halt noch voller und es wurde nachgedrängt. Ich hatte genau so viel Platz wie meine Füße und mein Körper mit Rucksack einnahm. Absetzen konnte ich den Rucksack auch nicht. Betty kam mit der Enge nicht klar und wurde panisch und suchte in ihrem Handy nach Alternativen. Ich wäre mit dem Zug weitergetuckert der immer mehr Verspätung aufbaute, wir hatten schließlich so geplant, dass wir früh genug in Frankfurt-Hahn gewesen wären. Den geplanten Flughafenbus von Koblenz konnten wir zu diesem Zeitpunkt schon streichen, ihn zu erreichen war aufgrund der umdisponierten Bahnfahrt und der immer größer werdenden Verspätung nicht mehr möglich. Aber es gäbe noch einen späteren Bus den wir auf jeden Fall bekommen würden und mit dem wir nicht ganz 2 Stunden vor Abflug am Flughafen gewesen wären. Da Betty die Enge nicht aushalten konnte stiegen wir in Köln aus und nahmen den von Betty organisierten Mietwagen. Dieser war allerdings teurer, als der Zug in dem wir hätten nachzahlen können. Mit dem Mietwagen fuhren wir gemütlich nach Frankfurt-Hahn, gaben den Wagen ab und stiegen irgendwann in unseren Flieger. 
Das Flugzeug wurde geschüttelt und gerüttelt weil wir durch ein Gewitter flogen und ein Blitz traf das Flugzeug. Es funkte am Triebwerk, der Strom fiel aus, aber wir kamen durchgeschüttelt, aber heile, an.
Das Wetter: Typisch Glaicien. Es schüttete bei unserer Ankunft. Mit einem weiteren Ehepaar aus dem Flieger - sie hatten neben Betty gesessen - fuhren wir mit dem Taxi in unserer Unterkunft San Martin de Pinario. Als ich das Bett sah, war ich "froh", dass Klaudia nicht dabei war.


Wir hatten ein Doppelzimmer mit zwei Einzelbetten gebucht und bekommen haben wir/ich ein 140cm breites Bett mit einem Kopfkissen und einer Decke für zwei Personen. Bei meinem nächtlichen Bewegungsdrang hätte Klaudia sicher arg leiden müssen durch meine Tritte und Schläge.
Am Sonntag genossen wir Santiago, soweit man es bei solchen Menschenmassen genießen kann.





Wir schlenderten durch die Straßen und Shops, nachdem wir die Morgenmesse genossen hatten.





Im  San Martin, während des Frühstücks, kam Greta unerwartet auf uns zu - eine weitere Pilgerfreundin die ebenfalls zum Geburtstag angereist war.
Montags leisteten wir uns den Luxus und nahmen uns zu dritt ein Taxi nach Muxia. 


Als wir in unserer privaten Herberge ankamen, waren fast alle anderen Pilgerfreunde schon da. 
Unser Pilgerfreundeskreis kommt aus allen Ecken der Republik von 35 bis 75 Jahren ist alles dabei, und es war und ist jedes Mal einfach schön, alle zu sehen. Soviele haben Birgits runden Geburtstag dazu genutzt, eine Woche Urlaub zu nehmen um diesen besonderen Tag mit ihr an einem besonderen Ort zu feiern.
Wir schlenderten zum Kap und genossen die wilde Brandung. Muxia ist ein kleines Fischerdorf, architektonisch, kulturell hat es - bis auf die Pilgerkirche am Kap, keine Besonderheiten zu bieten, aber das wild umtoste Kap entschädigt für den fast nicht vorhandenen Sandstrand.





Gemeinsam genossen wir den Abend und feierten in den Geburtstag hinein. Birgit war so gerührt, so viele ihrer Freunde zu sehen, wenn auch die Familie leider nicht kommen konnte.
Morgens frühstückten wir gemeinsam in der Albergue und jeder stand einfach dann auf, wann er wach war. Den Tag verbummelten wir, jeder das machend wozu er Lust hatte. Aber so klein wie der Ort ist, läuft man sich immer wieder über den Weg und lange saßen wir immer mal in der einen oder anderen Bar am Hafen und genossen den spanischen Café con leche.


Am frühen Abend ließ Birgit in der Kirche am Kap eine Messe lesen an der wir alle teilnahmen und danach trafen wir uns zum Abendessen, zu dem Birgit im Hotel geladen hatte.


Leider merkte ich schon an diesem Nachmittag, dass ich krank werde. Während des Essens bekam ich Fieber und so machte ich mich frühzeitig vom Acker. 
Nicht schon wieder: krank im Ausland. Wie oft bin ich auf meinen Pilgerreisen in Spanien schon krank geworden. In der Nacht und den folgenden Tagen hatte ich immer wieder, meist nachmittags beginnend, Fieber, Schüttelfrost und eine Erkältung kam auch noch hinzu. Viel konnte ich in den nächsten Tagen nicht mehr machen und unsere Gruppe löste sich ab Mittwoch nach und nach auf. Birgit machte sich mit Antje und Thomas zurück auf den Fußmarsch von Muxia nach Santiago. Andere schauten sich noch die Umgebung an und andere die vorher nicht in Santiago waren, fuhren nach Santiago um die Stadt noch zu genießen.
Betty und ich blieben bis Samstagmorgen im Muxia, fuhren noch einmal nach Finisterra 






und genossen einfach die Ruhe, das Kap und die See - sofern man es als Genuss bezeichnen kann mit Fieber, schmerzenden Gelenken und total vergrippt durch die holperigen Sträßchen zu laufen.
Samstag fuhren wir mit dem Bus zum Flughafen nach Santiago und trafen dort auf Greta, Gabi, Karin und Waltraud. 


Wir vereabschiedeten Greta an ihrem Flugsteig und etwas später flogen auch wir zurück. 
Auch die Rückfahrt verlief nicht so wie geplant. Der Zug hatte Verspätung und diese wurde immer mehr und wir hatten schon Sorge in dieser Nacht nicht mehr nach Hause zu kommen. Die Bahn hat uns aber sehr geholfen und andere Verbindungen gesucht und die Züge so organisiert, dass sie auf uns gewartet haben. Spät in der Nacht, oder Früh am Morgen waren wir erschöpft und müde wieder daheim. 
Es war eine schöne, ruhige Woche. Sehr viele Gedanken und Erinnerungen gingen mir durch den Kopf. 

Ich habe soviel für das Leben und über mich auf dem Weg gelernt, ich hatte tolle Begegnungen, habe Erfahrungen für mein Leben gemacht. Ich habe die Ruhe und die Natur genossen - ich wollte das alles nicht missen. Wie oft hat mir mein Weg in schlechten Zeiten schon geholfen. Ich weiß, dass ich viel stärker bin als ich gedacht hätte und weiß, dass ich auch schwere Zeiten durchstehen kann und dass alles ein Sinn hat und es für alle Situationen einen Weg gibt.
So schön die Woche in Muxia war, so sehr hat sie auch geschmerzt. Mir ist wieder bewusst geworden, was mir die MS genommen hat und dass ich es körperlich einfach nicht mehr schaffe, so weite Wege zu gehen. Aber meine Erlebnisse, Erfahrungen und guten Gefühle die kann mir keiner mehr nehmen und sie werden mich immer begleiten.
Und so beende ich hier meinen Pilgerblog, aber ich werde immer im Herzen eine Pilgerseele bleiben.
Allen Lesern einen Dank für das Lesen, die Wünsche und die Kommentare.
Lieben Gruß und Danke!


Anne

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